Das Eulenhaus. by Agatha Christie

Das Eulenhaus. by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783502517276
Herausgeber: Scherz
veröffentlicht: 2006-11-14T23:00:00+00:00


16

Gerda zog das schwarze Kleid aus und ließ es auf einen Stuhl fallen. In ihren Augen spiegelte sich Unsicherheit.

»Ich weiß nicht, welches ich anziehen soll. Ich weiß es wirklich nicht. Es erscheint mir alles so unwichtig.«

»Niemand kann dir das besser nachfühlen als ich, meine Liebe«, erklärte Mrs. Patterson freundlich, aber bestimmt. Sie wußte, wie man mit Leuten umgehen mußte, denen der Tod gerade einen lieben Menschen entrissen hatte. Elsie ist wundervoll, wenn es sich darum handelt, jemandem beizustehen, pflegte die Familie von ihr zu sagen.

Und nun erfüllte sie ihre Pflicht, wundervoll zu sein, bei ihrer Schwester, die sich in ihrem Schlafzimmer in der Harley Street damit abplagte, Trauerkleider anzuprobieren. Groß, hager und von unbeirrbarem Selbstbewußtsein erfüllt, hielt Elsie Patterson Wache. Die arme Gerda. Tragisch für sie, ihren Mann zu verlieren. Aber merkwürdig, wie unbeeindruckt und verständnislos sie selbst jetzt noch den Dingen gegenüberzustehen schien. Gerda war immer schwerfällig gewesen, das stimmte, und der Schock hatte vermutlich nicht dazu beigetragen, diese Schwerfälligkeit zu vermindern. »Nimm das Marocainkleid zu zwölf Guineas«, riet sie. Man mußte die Entscheidung für Gerda treffen, wie immer. Mit hängenden Armen stand Gerda da.

»Ich glaube, John mochte Trauerkleidung nicht«, sagte sie langsam. »Mir ist, als hätte er das einmal gesagt.«

John, dachte sie verzweifelt. Wenn doch nur John dagewesen wäre, um ihr zu sagen, was sie tun sollte.

Aber John würde nie mehr da sein. Nie – nie – nie…

Hammelbraten auf dem Tisch, der kalt wird, der Knall der zufallenden Tür im unteren Stockwerk, John kommt die Treppe heraufgerannt, immer zwei Stufen auf einmal, immer in Eile, immer so lebendig. Lebendig…

Wie er neben dem Schwimmbassin lag… wie das Blut über den Rand ins Wasser tropfte… wie sich der Revolver in ihrer Hand anfühlte… Es war ein Traum, ein böser Traum, ein Alpdruck. Gleich würde sie aufwachen, und alles war nicht wahr.

Die laute Stimme ihrer Schwester riß sie aus ihren Gedanken.

»Du kannst nicht anders als in Schwarz zur Gerichtsverhandlung erscheinen. Blau wäre unmöglich.«

»Diese entsetzliche Verhandlung«, seufzte Gerda und schloß die Augen.

»Unangenehm für dich, meine Liebe, ganz sicher«, gab Elsie in ihrer bewährten Kopf-hoch-Stimmung zu. »Aber wenn es vorbei ist, kommst du schnurstracks zu uns. Wir werden uns um dich kümmern.«

Aus Gerdas wirren Gedanken schälte sich klar und schmerzhaft eine Überlegung heraus. Mit vor Angst gepreßter Stimme rief sie aus: »Was soll ich nur ohne John anfangen?«

Elsie Patterson brauchte nicht erst nach der Antwort zu suchen. »Du hast deine Kinder, Gerda. Du mußt für sie leben.

Zena schluchzte ununterbrochen. Sie hatte sich aufs Bett geworfen und geklagt: »Mein Vater ist tot, mein Vater ist tot.«

Terry hingegen lief mit zusammengebissenen Zähnen herum, blaß, tränenlos, und wollte Bescheid wissen.

Ein Unfall mit dem Revolver, hatte sie ihnen erzählt. Ein unglückseliger Unfall. Beryl Collins, die Sprechstundenhilfe, hatte vorsorglicherweise die Morgenblätter versteckt, damit die Kinder nicht auf diese Weise die Wahrheit erfuhren. Die Dienstboten hatte sie gewarnt, den Mund zu halten. Beryl war eine Perle. Freundlich und hilfsbereit. Aber Terence war zu seiner Mutter in das dunkle Wohnzimmer gestürzt und hatte mit großen Augen gefragt: »Warum wurde Vater erschossen?«

»Es war ein Unfall, Kind.



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